Textprobe aus: »Familie Hollerbach«
Rundfunkserie in SWR4 Rheinlandpfalz
Folge 22: Die Wühlmaus Herr Hollerbach kommt nach Hause. Es ist merkwürdig still. Eigentlich hat er gehofft, bei seiner Rückkehr Kaffee und Apfelkuchen mit Sahne zu bekommen. Den Lieblingskuchen der ganzen Familie. Der Tisch ist auch tatsächlich gedeckt. Doch wo sind Anna, Kevin, seine Frau und der Hund Dicky? Plötzlich ein schrilles Kreischen. Anna! Es kommt von draußen. Herr Hollerbach eilt in den Garten, wo die übrige Familie ganz hinten am Zaun kniet und im Dreck buddelt. Einschließlich Dicky. Offenbar sind sie der Wühlmaus auf der Spur. Bei der herbstlichen Gartenarbeit hat Frau Hollerbach jüngst bemerkt, dass eine Wühlmaus zwei Büsche entwurzelt hat. »Sagt bloß, ihr habt das Vieh erwischt?«, fragt Herr Hollerbach, als er bei seiner Familie ankommt. Ganz langsam nimmt Anna die Hand vom Mund. »Das war eklig, Papa«, sagt sie. »Die war so groß.« Anna deutet mit ihren Händen etwa dreißig Zentimeter an. »Wer?«, fragt Papa Hollerbach. »Die Wühlmaus natürlich.« Anna schüttelt sich. »Wir haben nach ihr gebuddelt. Plötzlich ist sie mir ins Gesicht gesprungen.« »Wie groß soll das Vieh gewesen sein?«, fragt Herr Hollerbach zweifelnd. Noch einmal deutet Anna mit ihren Hände die Größe an. Die Maus ist inzwischen auf etwa vierzig Zentimeter angewachsen. »Dicky hat sie aufgestöbert«, sagt Mama. »Ich hab sie über den Rasen laufen sehen. Ein echtes Monster mit giftgrünen Augen und säbelscharfen Zähne.« Mit Daumen und Zeigefinger zeigt sie ihrerseits die Größe an: etwa zehn Zentimeter. »Und die Krallen, Papa«, ergänzt Kevin kichernd, »echt irre lang. - Anna spinnt doch. Mama hat beim Buddeln eine Wurzel abgebrochen und Anna ist ein Dreckklumpen ins Gesicht geschnalzt. Und nicht die Maus.« »Wohl«, sagt Anna. »Direkt unters Auge.« Sie wischt sich mit den Fingern über die Wange und verschmiert sich noch mehr. Herr Hollerbach sieht seine Tochter zweifelnd an. »So groß?«, fragt er und hält nun seinerseits die Hände auseinander. Etwa einen halben Meter. Anna nickt. »Da kann einem ja Angst und Bange werden«, raunt Papa mit ernster Miene. »Sofort alle ins Haus.« »Hä?«, macht Kevin. »Wieso das denn?« »Bei so einer Monstermaus kann man nie wissen«, sagt Mama schmunzelnd. Die Hoffnung, die Maus zu erwischen, hat sie mittlerweile aufgegeben. Sie rappelt sich auf und klopft den Dreck von ihren Knien. »Am besten«, fährt Herr Hollerbach verschwörerisch fort, »wir verriegeln die Türen und Fenster und rufen die Feuerwehr.« »Und was ist mit Katastrophenschutz?«, fragt Mama. »Ihr seid gemein!«, beschwert sich Anna. Sie wendet sich an ihren Bruder: »Das war kein Dreckklumpen, du Idiot.« »Dann nichts wie weg hier«, sagt Papa Hollerbach. »Los, los«, scheucht er seine Gattin, »Frauen und Kinder zuerst.« Seinen Sohn packt er um die Hüfte und rennt mit ihm unterm Arm zum Haus zurück. Inzwischen hat auch Dicky aufgehört, zu buddeln und tollt aufgrund des plötzlichen Aufbruchs mit übermütigen Sprüngen um die Familie herum. »Beeil dich Anna!«, ruft Papa über die Schulter zurück. »Die Killermaus kommt!« Es gibt nur einen Grund, der Anna davon abhält, auf der Stelle auszuwandern: Apfelkuchen mit Sahne.
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