NEUE AUFLAGE IM JULI 2004!!

Leseprobe


Illustration: Dagmar Geisler
ISBN 3--7607-3726-9; Euro 8,50
  Leseprobe:

Papa im Regen

Tobias öffnet leise die
Tür. Im Zimmer seiner
Schwester sind die Vor-
hänge noch zugezogen.
»He, Corinna«, flüstert
Tobias. »Bist du schon
wach?« Nichts rührt sich.
Tobias schleicht sich zu
ihrem Bett. »He, Cori,
aufstehen«, sagt er und
rüttelt vorsichtig an ihrer
Schulter. Nichts passiert.

Tobias zupft an der Bettdecke. Corinna murmelt
im Halbschlaf vor sich hin. Wach wird sie aber immer
noch nicht. Plötzlich piept ihr Wecker. Hektisch und
schrill. Erschrocken weicht Tobias zurück. Im Rück-
wärtsgang stößt er Corinnas Wasserglas vom Tisch.
Der Teppich bekommt dunkle Flecken - einen großen
und viele kleine. Corinna sitzt inzwischen aufrecht im
Bett und sieht sich verwirrt im halbdunklen Zimmer um.
»Was ist los?«, fragt sie ihren Bruder.
Tobias steht vor ihr wie ein begossener Pudel. Soll er
das Glas aufheben? Oder soll er Corinnas Frage
beantworten? Oder den Wecker abstellen? Am besten,
er macht erst einmal die Tür zu, damit Mama und Papa
nicht wach werden.
Allmählich findet Corinna aus dem Schlaf. Sie haut mit
der flachen Hand auf den Wecker. Endlich Ruhe.
»Spinnst du eigentlich, oder was?«, fragt Corinna
ihren Bruder und reibt sich den Schlaf aus den Augen.
»Pst, nicht so laut«, sagt Tobias, »sonst weckst du
sie.«
»Pst, nicht so laut«, macht Corinna ihn nach. »Wer
macht denn hier Krach für zehn?«
»Ich wollte dich doch nur wecken«, sagt Tobias.
»Wir wollten doch …«
»Ist ja schon gut, halt den Mund«, fällt ihm Corinna
ins Wort. Sie streckt und räkelt sich. Ein Blick auf den
Wecker: acht Uhr. Normalerweise bleibt sie samstags
immer liegen, bis Papa oder Mama das Frühstück
fertig haben. Heute hat sie jedoch mit Tobias verabredet,
früher aufzustehen, um die Eltern zu überraschen.
»Weißt du noch, was du sagen sollst?«, fragt Corinna.
Sieben Jahre unter einem Dach mit Tobias haben sie
gelehrt, dass Brüder manchmal etwas schwer von Begriff
sind. Vor allem, wenn sie zwei Jahre jünger sind und
Tobias Aschenbrenner heißen.
»Logo«, antwortet Tobias aufgeregt. »Ich renne rein
und rufe: Mama! Papa! Da ist …«
»Scht, doch nicht jetzt, du Dödel«, sagt Corinna. Sie
verdreht genervt die Augen.
Tobias hält sich erschrocken den Mund zu. Wenn die
Eltern jetzt wach geworden sind … Er lauscht. Nichts
zu hören. Ruhe im ganzen Haus.
Seine Schwester schwingt sich aus den Federn. »Also,
warte bis es klingelt«, sagt Corinna. Sie schleicht im
Nachthemd die Treppe hinunter zur Haustür. Die siebte
und die dritte Stufe von oben lässt sie aus, weil die beide
so fürchterlich knarren. Tobias bleibt oben und wartet
vor der Schlafzimmertür der Eltern.
Corinna drückt unten auf die Klingel. Ding-Dong, Ding-
Dong, Ding-Dong. Dreimal, wie verabredet. Nach dem
dritten Mal zählt Tobias bis fünf. Dann reißt er die
Schlafzimmertür auf und ruft: »Papa! Mama! Der Post-
bote ist an der Tür. Er bringt ein Paket!«
Papa richtet sich halb auf. Ȁhm - was? Er soll es
reinstellen.«
»Gib ihm zwei Mark Trinkgeld - fürs Wecken«, sagt
Mama knurrig. Sie ist kaum zu hören, weil sie die Bett-
decke über ihren Kopf gezogen hat.
»Das reicht aber nicht«, meint Tobias. »Der will hundert-
achtzig Mark haben oder so. Das Paket ist echt riesig.«
Stöhnend richtet sich Papa ganz auf und steigt aus dem
Bett. »Haben wir was bestellt?«, fragt er Mama.
Sie hat inzwischen die Bettdecke bis zur Nasenspitze
heruntergezogen. »Ich nicht«, antwortet sie.
Maulend schlüpft Papa in die Pantoffeln. Sie stehen
natürlich verkehrt herum. Als er sich den Bademantel
überstreift, stößt er gegen den Kleiderschrank.
»Au, verflixt«, schimpft er und reibt sich den Ellbogen.
»Papa! Mama!«, brüllt nun Corinna von unten. »Der Post-
bote will zweihundert Mark.«
»Gerade waren es noch hundertachtzig«, grummelt Papa.
»Beeil dich, sonst wird es noch teurer«, sagt Mama matt.
Endlich findet Papa seinen Geldbeutel. Er rennt die Treppe
hinunter. Polternd nimmt er immer zwei Stufen auf einmal.
Corinna wartet unten und hält ihm die Haustür auf. Papa
tritt vors Haus und sieht sich um. Er läuft bis zum Garten-
tor. Dort schaut er nach links bis zum Ende der Sackgasse,
und er schaut auch nach rechts bis zur Querstraße. Nichts.
Weit und breit kein Postbote. »Kann der denn nicht mal
eine Minute warten?«, mault er vor sich hin. Mit einem Mal
klatschen dicke Regentropfen auf die Erde. Papa macht,
dass er zum Haus zurück kommt. Schwungvoll eilt er die
drei Stufen hinauf und läuft gegen die geschlossene Haustür.
»Macht mir mal jemand die Tür auf?«, ruft er nach drinnen.
Corinna und Tobias recken die Köpfe aus dem Küchen-
fenster. »April, April! Macht, was er will!«, rufen sie.
Mit beleidigter Miene bummert Papa mit der Faust gegen
die Haustür. »He, ich stehe hier im Regen!«, beschwert er
sich. So früh am Morgen versteht Papa oft keinen Spaß.
Papas erster Beruf ist Programmierer. Sein zweiter Beruf ist
Morgenmuffel.
Nach kurzer Wartezeit lassen Corinna und Tobias ihn wie-
der herein. »April, April!«, rufen sie noch einmal.
»Hahaha«, sagt Papa wenig amüsiert. »Sehr witzig. Und
für so was wird man aus dem Bett geholt.«
Mama sitzt kichernd auf der zweituntersten Treppenstufe.
»Ich hätte ja auch gerne ein bisschen länger geschlafen«,
gibt sie zu. »Aber die Idee ist trotzdem gut, ihr zwei April-
mäuse.« Sie streckt ihren Kindern die Hände entgegen und
lässt sich hochziehen.
»Nichts gegen einen Aprilscherz«, sagt Papa immer noch
halb beleidigt. »Aber heute ist erst der 31. März.«
»Och, Papa«, sagt Corinna, »am Sonntag kommt doch
keine Post. Dann hättet ihr uns nicht geglaubt.« »Und wenn
wir euch sonntags nicht schlafen lassen, seid ihr immer
sauer auf uns«, fügt Tobias hinzu.
»Und für samstags Wecken gibt es eine Woche Haus-
arrest«, sagt Papa mit finsterer Miene.
Tobias reißt entsetzt die Augen auf. Hausarrest! Das wäre
die Oberkatastrophe. Wo doch heute die Kirmes anfängt.
Und die dauert nur eine Woche. Und überhaupt - es ist
längst beschlossene Sache, dass heute die ganze Familie
zur Kirmes geht. »Eine Woche Hausarrest?«, fragt Tobias
leise.
»Mann, bist du doof«, sagt Corinna. »Soll doch nur ein
Scherz sein.«
»Ach du liebe Zeit«, sagt Mama, »was wird das erst mor-
gen geben, wenn wirklich der erste April ist?«

...

Ebenfalls bei arsEdition erschienen sind die Serien 

Total klasse!    
ISBN 3-7607-3852-4; Euro 8,50 ISBN 3-7607-3876-1; Euro 8,50
   
ISBN 3-7607-3890-7; Euro 8,50 ISBN 3-7607-3908-3; Euro 8,50
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ISBN 3-7607-3905-9; Euro 8,50 ISBN 3-7607-3906-7; Euro 8,50

 

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