Leseprobe -
Pete Johnson:
Dich krieg ich auch noch rum
aus dem Englischen von Werner Färber & Hannes Riffel
![]() ISBN 3-473-58016-3; Euro 5,95; Junge Erwachsene |
... Es mag sein, dass ich kein
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beiden
Dornen Julie und Helen. Selbst jetzt, wo ihre Schönheit durch eine Schuluniform verschandelt wurde, versetzte mich ihr Anblick in einen Zustand, der dem der Nordsee bei Windstärke zwölf entsprach: äußerst aufgewühlt. Sie erwiderte meinen Blick. Und dann lächelte sie. Kein Hochspannungs-Lächeln. »Ich bin total verrückt nach dir«, mehr so ein »Du bist nett«-Lächeln. Aber immerhin. Mehr, als ich nach Samstagabend erwartet hatte. Ich schenkte ihr ein blendendes Lächeln und wünschte mir gleichzeitig, dass ich mich heute früh mehr um meine Haare gekümmert hätte. Dann gab ich einen weiteren Taschenspielertrick zum Besten. Ich ließ einen Ball auf meiner Fingerspitze kreisen. Das zog ich ungefähr eine Minute durch, blickte hinauf zu Kim und stellte fest, dass sie nicht zusah. Sie hatte sich umgedreht, um mit Adam Norris zu reden, der eine Reihe über ihr saß. Helen dagegen hatte ihren Blick keine Sekunde von mir ge- nommen, und am Ende rief sie: »Das war großartig, Cass.« Cass ist ein törichter Spitzname, den Helen mir zugedacht hat - für Casanova. Wahnsinnig intelligent. Gähn, schnarch. Bevor ich noch weitere Kostproben von Helens geistreichen Äußerungen bekam, erschienen die Altersheimler. Zunächst Mr. Edwardes. Seine Feinde nennen ihn Eddy - die gesamte Schule also. Er sieht aus wie eine Kreuzung zwischen einer Ratte und einer Eule. Im Augenblick blinzelte er wie ein Wahnsinniger, da er ohne seine geliebten stahlgefassten Au- gengläser auskommen musste. Er würde Glück brauchen, um den Ball auch nur zu sehen. Es folgten Mr. Homewood, der Religionslehrer, der vom Alter her selbst Gott übertrifft, und Mr. James, von dem jeder sagt, dass er einen Schuss habe. Weitere Bestätigung fand diese Theorie heute durch James' Beine , erschreckend weiß und absolut unbehaart. Den Schluss bildete Mr. Stevens, der Mathelehrer, der dir nie ins Gesicht sieht, wenn er mit dir redet, und Mr. Norton (Nobby), der Sportlehrer. Nobby brachte seine vollen eineinhalb Meter in Stellung, formierte seine Mannschaft um sich und sah sich fünf bei- spielhaften Exemplaren junger, fruchtbarer Manneskraft ge- genüber. Ein Kinderspiel. Gegen diese Mannschaft von An- gestorbenen und Verwesenden würde ich sicher einige Treffer landen, um dies später bei Kim zu wiederholen. Ich dribbelte auf und ab. Unser Kapitän schüttelte Nobby die Hände. Ein weiterer Lehrer, der Französischlehrer, spielte den Schiedsrichter und blies so heftig in seine Pfeife, dass es ihn beinahe umhaute. Das Spiel begann. Nobby führte den Ball und warf einen Brustpass zu Edwardes. Eddy entfuhr ein keuchender Laut, sein Kopf senkte sich, und wir erwarteten alle, dass er einem Herzanfall erliegen würde. Stattdessen warf er einen Ball - grob geschätzt zehn Zentimeter - in meine Richtung. Eine Minute im Spiel, und ich hatte schon eine Möglichkeit zu einem Korbwurf. Für eine Millionstelsekunde drehte ich mich um, um sicherzugehen, dass Kim es auch sah, um dann meinen Treffer zu landen. Ich traf und wurde getroffen. Ein fliegender Ellbogen prallte in mein Gesicht, und meine Nase blutete. Literweise floss mein kostbares Blut über mein Ge- sicht und wagte es, sich auf meinem Hemd auszubreiten. »Foul, Foul«, rief ich und funkelte meinen Widersacher an. Die Hand Gottes hatte mich gefoult. Homewood. »Ojemine, hab ich dich verletzt?«, rief Homewood. »Nein, ich blute mich nur zu Tode. O Gott, was sind Sie für ein fieser Spieler..« Der Schiri kam. »Du gehst besser vom Feld, Bradley. Dein Blut tropft auf den Hallenboden.« »Und was ist mit dem allmächtigen Ellbogen da?« »Es war ein Unfall«, sagte der Schiri schnell. »Mach schon, Bradley, verschwinde, wir nehmen einen Reservespieler rein.« Der einhundertundachte Reservespieler war Adam Norris - wer sonst? Ich wankte durch die Tür in den Flur. Ich war mächtig bla- miert. Man stelle sich vor, sich von einem alten Fossil wie Homewood die Nase zertrümmern zu lassen. Ich fühlte mich gedemütigt. »Hier ist ein Stuhl, setz dich und leg deinen Kopf zurück«, sagte Homewood. »Ich leih dir mein Taschentuch.« »Sind schon Popel drin?« »Nein, nein, ganz frisch heute. Du kannst es behalten.« »Wie nett.« »Geht's dir schon besser?« »O, viel besser. Vielleicht könnten Sie das nächste Mal ver- suchen, mir noch zusätzlich ein paar Zähne auszuschlagen.« Ich hörte, wie sie nach Homewood riefen. »Ich geh besser rein. Bleib einfach ruhig sitzen.« »Verpiss dich«, stöhnte ich. Er tat, als hätte er es nicht gehört. Noch immer quoll Blut aus meiner Nase. Ich schloss die Augen und versuchte, die Geräusche aus der Halle auszu- blenden. In den Hinterräumen klang alles viel aufregender. Der Lärm schwoll an. Jemand hatte die Halle verlassen. Jemand kam auf mich zu. Jemand legte eine Hand - eine warme, sanfte, zärtliche Hand - auf meine erzürnte Stirn. Rief der Blutverlust jetzt schon Halluzinationen hervor oder hörte ich wirklich Kim sagen: »Bleib einfach liegen.« Ich hob meinen Kopf und starrte durch den roten Nebel auf die Erscheinung. »Was machst du denn hier?« »Also, weißt du, ich liebe Blut. Immer wenn ich jemanden bluten sehe, muss ich ihm nach.« »Hättest du mir auch früher sagen können. Dann hätte ich mich am Samstag von Pete Varney blutig schlagen lassen.« »Du hast das Taschentuch bald voll, willst du noch eins?« »Ja, nur zu, mein Blut ist von der kräftigen Sorte.« Sie entfernte Homewoods Fetzen und ersetzte ihn durch ihr wohlriechendes Taschentuch. »Hast du gesehen, was Homewood mit mir gemacht hat? Das war ein Vier-Punkte-Foul, gar kein Zweifel. Aber natür- lich ist der Schiri parteiisch.« »Zumindest hast du getroffen«, sagte sie. während ihre Hand mein Gesicht kitzelte. Schweigen. Dann sagte ich - beinahe zu gleichgültig: »Ich hab dich am Samstag nach der Rauferei gesucht.« »Hast du das?«, fragte sie ebenso kühl. »Konnte dich nicht finden.« »Vielleicht hast du nicht sehr gründlich gesucht.« »Sogar äußerst gründlich.« Sie wechselte das Thema. ... |
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